An den Seen zwischen Rhein und Alpenkamm schlossen sich die Berufsfischer im Mittelalter zu sogenannten Einungen zusammen. Damit bezeichnete man einerseits die Vereinigungen der Fischer, andererseits auch die Regelwerke, die sie für ihre Einzugsgebiete aufstellten.
Die älteste Einung des Greifensees, des zweitgrößten Sees im Kanton Zürich, datiert von 1428. Damals hielten elf Fischer schriftlich fest, welche Regeln von alter her gegolten und ir vordern an sy bracht hätten. Der Text sollte jeweils im Frühling verkündet und von den Fischern beschworen werden. Verschiedene Nachträge und Neufassungen zeigen, dass laufend neue Regeln aufgestellt wurden. So wuchs der Text von anfänglich 14 Artikeln bis gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf 46 Artikel an.
Am zahlreichsten waren Artikel, die den Fischbestand langfristig sichern sollten. Offenkundig hatten die Fischer verstanden, dass es für eine nachhaltige Bewirtschaftung notwendig war, den See nicht zu überfischen.
Fast ebenso wichtig war für die Fischer, wie der «Kuchen» zwischen ihnen verteilt wurde. Die entsprechenden Regeln strebten keine Gleichheit an, sondern sollten gewährleisten, dass jeder Fischereibetrieb bei seiner relativen Größe blieb.
An dritter Stelle folgen Verfahrensfragen zur Durchsetzung der Regeln und zur Ahndung von Verstößen. Daraus geht hervor, dass sich auch Frauen, Töchter und Mägde am Fischfang beteiligten.
Die verschiedenen Fassungen dokumentieren die Entwicklung von der genossenschaftlichen zur herrschaftlichen Regulierung. Bei der ersten Aufzeichnung 1428 diktierten die Fischer ihre Regeln noch selbst. Die Neufassung von 1574 wurde demgegenüber ausdrücklich durch den Rat der Stadt Zürich erlassen. Und bei der Revision von 1738 wurde auch noch der letzte Rest der ursprünglich genossenschaftlichen Organisationsform getilgt, indem man das Dokument nicht mehr als «Einung», sondern als «Ordnung» bezeichnete, die von der Obrigkeit einseitig erlassen und geändert werden durfte.
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Rainer Hugener, Staatsarchiv des Kantons Zürich
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Archivale: Staatsarchiv des Kantons Zürich: C I, Nr. 2503.
Bildnachweis: Zentralbibliothek Zürich: GRA 2.349.
Literatur: Rainer Hugener, Michael Schaffner: Von der Einung zur Ordnung. Die Regulierung der Fischerei im Zürcher Herrschaftsgebiet zwischen Nachhaltigkeit, Versorgungssicherheit und Verteilkonflikten, 14.–18. Jahrhundert, in: Lukas Gschwend, Pascale Sutter (Hg.): Recht, Fischerei und Nachhaltigkeit im 15.–18. Jahrhundert, Zürich, St. Gallen 2023 (Europäische Rechts- und Regionalgeschichte 27), S. 51–92.
Sammlung Schweizerischer Rechtsquellen, I. Abteilung: Die Rechtsquellen des Kantons Zürich, Neue Folge, Zweiter Teil: Rechte der Landschaft, Band 3: Die Landvogtei Greifensee, bearbeitet von Rainer Hugener, Basel 2022.