Vorarlberger Landesarchiv

Vorstellung

Die Geschichte des Vorarlberger Landesarchivs ist eng mit der Selbständigkeit des Landes verknüpft. Die Länder Tirol und Vorarlberg verfügten ab 1861 über konstitutionelle Landtage mit autonomen Landesverwaltungen. Die staatliche Landesverwaltung wurde jedoch bis zum Zerfall Österreich-Ungarns weiterhin gemeinsam von der k. k. Statthalterei für Tirol und Vorarlberg in Innsbruck geführt. Als 1898 Archivgut staatlicher Behörden in das k. k. Statthaltereiarchiv nach Innsbruck eingezogen werden sollten, reagierte der Vorarlberger Landtag mit der Errichtung eines Vorarlberger Landesarchivs. 1918 erklärte eine Landesversammlung Vorarlberg zum selbständigen Land und kündigte die staatliche Verwaltungseinheit mit Tirol auf. In der Folge konnte das Vorarlberger Landesarchiv vom ehemaligen Statthaltereiarchiv nach dem Provenienzprinzip das in Vorarlberg entstandene Archivgut staatlicher Behörden übernehmen, soweit es nicht ohnehin bereits in Bregenz gesichert wurde. Die Okkupation Österreichs durch das Deutsche Reich bescherte Vorarlberg 1939/40 eine Verwaltungseinheit mit Nordtirol in Form eines Reichsgaus Tirol und Vorarlberg. Die Landeshauptmannschaft Vorarlberg wurde aufgelöst, das Vorarlberger Landesarchiv blieb als „Zweigstelle Bregenz“ des „Reichsgauarchivs für Tirol und Vorarlberg“, später „Reichsgauarchiv Innsbruck“, bestehen. 1945 konnte sich das befreite Vorarlberg wieder verselbständigen.

Kernaufgabe des Vorarlberger Landesarchiv war und ist die Sicherung und Zugänglichmachung des Archivguts der Landesregierung und Landtages mit ihren Behörden, Ämtern und Einrichtungen, des Landesverwaltungsgerichts und sonstiger Landesdienststellen, sekundär auch sonstiger landesgesetzlich geregelter Einrichtungen und der Landesunternehmen. Diese „Landesüberlieferung“ setzt im 16. Jahrhundert mit dem Archivgut der Landstände ein. Darüber hinaus sichert das Landesarchiv ältere Bestände von Gemeindearchiven, kirchlicher Archive, Vereins- und Unternehmensarchive, Nachlässe von Privatpersonen. Das ältestes Archivale ist eine Urkunde aus 1139 des 1806 aufgehobenen Klosters Mehrerau. Das Landesarchiv sichert auch ältere Bestände landesfürstlicher, staatlicher Behörden. Im Vergleich zur Schweiz oder zu Deutschland verfügt Österreich auf Länderebene über eine für einen Bundesstaat ungewöhnliche Vielzahl von Bundesdienststellen (v. a. Justiz, Polizei, Finanz, Unterricht, Landesverteidigung). Es liegt in der Verantwortung der Bundesregierung, für die Sicherung des Archivguts der Dienststellen des Bundes in den Ländern zu sorgen. Dieser Verantwortung kommt die Bundesregierung seit 1925 de facto nicht mehr nach. Das Vorarlberger Landesarchiv übernimmt solches Archivgut nur noch sehr restriktiv. Das Vorarlberger Landesarchiv sichert (Stand 2023) über 19.000 Regallaufmeter analoges Archivgut. Mit der Übernahme elektronisch geführter Akten der Landesverwaltung soll 2024 begonnen werden.

Die Sicherung und der Zugang zum Archivgut des Landes, der Gemeinden und sonstigen Archivguts von öffentlichem Interesse sind seit 2016 in einem fortschrittlichen Archivgesetz geregelt. Das Vorarlberger Landesarchiv leitet daraus den Auftrag und sein Selbstverständnis ab, soweit als möglich Informationsfreiheit zu gewährleisten. Das gilt auch für die Reproduktion und Weiterverwendung frei zugänglichen Archivguts. 2023 stellt das Landesarchiv über 1 Million Digitalisate von Archivgut online zur Verfügung. Jährlich sollen gut 300.000 dazukommen.

Seit 2000 baut das Landesarchiv im Auftrag der Landesregierung ein Vorarlberger Mikrofilm-Sicherungsarchiv auf.

Die 1904 im Rahmen des Landesarchivs eingerichtete Vorarlberger Landesbibliothek wurde 1977 verselbständigt. Das Landesarchiv führt nur noch eine Präsenzbibliothek (rund 20.000 Buchtitel und 179 Zeitschriften).

Ab 1904 wurden dem Landesarchiv Räume in einem um 1700 erbauten Patrizierhaus in der Kirchstraße in Bregenz zugestanden, das das Land 1901 als erstes Landhaus angekauft hatte. Im Anschluss an dieses barocke Hauptgebäude wurde 1931/1932 der für lange Zeit modernste Archivzweckbau Österreichs errichtet, der hauptsächlich als Depotgebäude dient. 2001 bis 2003 wurde dieser Hochspeicher saniert und um einen klimatisierten Tiefspeicher erweitert. Eine neuerliche Erweiterung der Depotressourcen steht an.

Länderübergreifende Bestände

Vorarlberg grenzt seit 1814 an Bayern, Tirol, Graubünden, Liechtenstein und St. Gallen. Mit St. Gallen, Thurgau, Schaffhausen, Baden-Württemberg und Bayern ist es durch den Bodensee verbunden. Allein schon durch diese Grenzlage, aber auch aufgrund staatlicher, militärischer, wirtschaftlicher und persönlicher Beziehungen weit über die Nachbarländer hinaus, finden sich in den Beständen des Vorarlberger Landesarchivs häufig grenzberührende und länderübergreifende Aspekte. Vereinzelt sichert das Vorarlberger Landesarchiv auch externes Archivgut. Siehe Archivführer der ARGE ALP (1995), S. 207–211.

Von länderübergreifende Beständen im Rahmen der ARGE ALP kann nur in einem Fall die Rede sein: 1805 wurden die Herrschaften vor dem Arlberg im Frieden von Pressburg Bayern zugesprochen. Als Bayern 1814 Vorarlberg wieder an Österreich zurückstellte, blieb der historische Norden, ab 1807 das Landgericht Weiler, bei Bayern. Zu diesen ehemaligen vorklausischen Gerichten bieten die Bestände Vorarlberger Landstände, Bayerische Akten sowie Vogteiamt, Oberamt und Kreisamt Bregenz und daraus ausgezogene Allgäuer Akten Aufschluss. Die Archive dieser Gerichtsgemeinden und des Landgerichts Weiler selbst befinden sich nicht in Bregenz.