Badevergnügen neben dem Wildbach – Heilbäder zu Pfäfers und Ragaz
Archivale des Monats Mai 2024
Staatsarchiv St.Gallen

Wer im Schatten der Taminaschlucht an den schroffen Felswänden entlangwandert, mag an mancherlei denken – an den Drachen aus dem Nibelungenlied oder die Kraft der kalten Wassermassen, welche die Schlucht herunterdonnern, wohl kaum aber ans Baden. Umso mehr staunt man da über eine Quelle, deren Wasser in Badewannentemperatur aus dem Fels quillt.

Dieses Erstaunen wird auch jenen Jäger erfasst haben, der die Quelle im Jahr 1240 entdeckt haben soll. „Das warm Bad zu Pfaefers ist erst innert drühundert jaren durch einen Jaeger erfunden, […] der was jungen Waldrappen in das ruch unwandelbar Tobel nachgestiegen […],“ schrieb Aegidius Tschudi im Jahr 1538 über das Ereignis. Bereits in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts baute das Kloster Pfäfers dort ein Badhaus, da dem Wasser eine heilende Wirkung zugeschrieben wurde. So attestierte auch der spätmittelalterliche Theologe Felix Hemmerli dem Wasser aus der Pfäferser Quelle Heilkräfte sowie eine Steigerung der Zeugungskraft.

Nachdem die Thermalquelle während 450 Jahren vom Kloster Pfäfers genutzt worden war, beschloss der Grosse Rat (Parlament) des Kantons St.Gallen 1838 die Aufhebung der Abtei, womit die Verwaltung des Bads neu dem Kanton oblag. Schon im Winter 1838/39 gab der Kleine Rat (Regierung) den Bau einer Strasse von Ragaz zum Bad Pfäfers in Auftrag. Entlang dieser Strasse sollte eine Leitung Thermalwasser von der Quelle über vier Kilometer weit ins Tal befördern, um das Bad im Hof Ragaz zu speisen. Nach nur neun Monaten wurde der Bau im Beisein des gesamten Grossen und Kleinen Rates, sowie tausender weiterer Gäste in einer imposanten Feier eingeweiht.

Im Wissen um die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Heilquelle schuf Johannes Tribelhorn 1842 zu Werbezwecken eine Sammlung an Lithographien, die im Staatsarchiv St.Gallen aufbewahrt wird. Die drei Drucke anbei verdeutlichen die Faszination der Menschen für dieses Naturphänomen, das sie sich zur Heilung und Erholung zunutze machten. Weitere Exemplare sind in unserem digitalen Lesesaal zu sehen.

Anjo Stehrenberger, Staatsarchiv St.Gallen

Archivalien: Staatsarchiv St.Gallen: Bad Pfäfers ZMH 55/2.015 I Bad Pfäfers ZMH 55/2.016 I Bad Pfäfers ZMH 55/2.029

Literatur: Hermann Strehler et al., Bad Pfäfers und Bad Ragaz 1868–1968. St.Gallen, 1968. I Werner Vogler, Bad Pfäfers und Bad Ragaz im Jahre 1842, o.J.