Die Förderung des Fremdenverkehrs in Vorarlberg
Archivale des Monats September 2024
Vorarlberger Landesarchiv

Man wollte nicht länger das Durchzugsland zwischen den bereits touristisch erschlossenen Ländern Schweiz und Tirol bleiben. Touristen sollten Vorarlberg nicht von einem Zugfenster aus erleben, sondern im Land verweilen. Um das wirtschaftliche Leben in Vorarlberg zu fördern und den Tourismus in geregelte Bahnen zu lenken, konstituierte sich 1893 der „Landesverband für Fremdenverkehr in Vorarlberg“. Die Proponenten luden das Land ein, ordentliches Mitglied zu werden. Der Verband werde die Aufgabe haben, die Erfüllung, Verbesserung und Vermehrung der Communicationsmittel zu erzielen […] und insbesondere bestrebt sein, zu einer Hebung und Vervollkommnung der Unterkunftsverhältnisse […] beizutragen. Der Landesausschuss beschloss den Beitritt.

Die gezielte Werbung im In- und Ausland zeigte Wirkung. Das Aufeinandertreffen der zahlreich einströmenden Gäste und der Gastgeber sorgte für die Erweiterung der Horizonte, Identitäten wurden geschärft und unzählige Vorurteile und Klischees bestätigt oder neu erschaffen. Der Tourismus als Erwerbsquelle trug dazu bei, die Abwanderung aus den Tälern zu stoppen. Doch zu welchem Preis?  

In einer Debatte über die Subventionierung des Fremdenverkehrsverbandes fand Landeshauptmann Dr. Otto Ender 1929 im Vorarlberger Landtag mahnende Worte: Nun ist aber der Bevölkerung nur dann geholfen, wenn sie nicht anderweitig solche Schäden davon trägt, […] und nichts tut, um die Schäden abzuwehren, die mit dem Fremdenverkehr heute naturgemäß verbunden sind. Ich weiß, dass Katholiken und Protestanten von achtenswerter Qualität vom Auslande in unsere Fremdenverkehrsorte hereinströmen, die wirklich Gäste bei uns sind und deren Kommen uns stets herzlich willkommen ist. […] Es sind Schäden, wenn solche abgelebten Berliner Damen herkommen, die sich schon voll gesättigt haben an den Genüssen, die in der Großstadt zu haben sind und ihre Freude nur noch an den gesunden echten Vorarlberger Bauernburschen haben[…]. Ein Schelm, der dabei an Schilehrer denkt!

Diana Fabian, Vorarlberger Landesarchiv

Archivale: Vorarlberger Landesarchiv: Vorarlberger Landesausschuss 4117/1893

Literatur: Franz Mathis (u. a.), Alpiner Tourismus: mehr Chancen als Gefahren? Versuch einer Gesamtschau. In: Internationale Gesellschaft für historische Alpenforschung (Hg.), Tourismus und Kultureller Wandel, Zürich 2004, S. 14–15.

Weitere Quelle: Stenographische Sitzungsberichte 13. Vorarlberger Landtag, 3. Sitzung 14.03.1929, S. 89.