Etwas mehr als vier Jahre waren seit dem ersten Sprengschuss zum Bau der Großglockner Hochalpenstraße, am 30. August 1930, vergangen, da entschloss sich der automobilbegeisterte Salzburger Landeshauptmann, Dr. Franz Rehrl, noch vor der Eröffnung der Teilstrecke auf das Fuscher Törl und die Edelweißspitze, eine Befahrung der gesamten Scheitelstrecke zu versuchen.
DI Franz Wallack, der verantwortliche Bauleiter und „Erbauer der Großglockner Hochalpenstraße“, sowie ein Chefingenieur der „Steyr-Werke“ und eine weitere Person sollten den Landeshauptmann begleiten. Ein nur 32 PS starker „Steyr 100“ war bereits zuvor eigens für diesen Zweck umgebaut worden. Die Schwierigkeiten der Befahrung lagen nämlich dabei in: noch als Rohbau vorhandene und teilweise noch mit Holz verschalte Tunnel, Geleise von Feldbahnen, grober Schotter und Baugerüste. Wallack selbst ging nach einer abschließenden Besprechung mit den zuständigen Bauabschnittsleitern noch in der Nacht vor der geplanten Überquerung die Strecke zu Fuß ab, um sicher zu gehen, dass auch die letzten unpassierbaren Stellen bis zum nächsten Tag beseitigt sein würden.
Am Morgen des 22. September 1934 traf Landeshauptmann Rehrl in Ferleiten ein und der leitende Ingenieur kletterte auf den Beifahrersitz des eigenartigen Gefährts, auf dessen Seitenwänden neben dem Firmenemblem des Fahrzeugherstellers die Aufschrift 1. Überquerung des Tauernmassivs mit einem Kraftwagen angebracht worden war.
Im Gepäck befanden sich auch einige Kisten Zigarren, die der Landeshauptmann bei den zahlreichen Pausen an die Arbeiter der Baustellen entlang der Strecke verteilen wollte. Die Fahrt selbst war recht mühsam und immer wieder musste angehalten werden, um die Freigabe des nächsten Streckenabschnittes abzuwarten. Als besonders schwierig erwies sich das Teilstück nach der Fuscherlacke, denn hier war bislang nur ein schmaler Hilfsweg fertig gestellt, und erst kurz zuvor konnte durch das Absprengen eines großen Gesteinsbrockens von der Felswand die zukünftige Straße soweit verbreitert werden, dass der Wagen des Landeshauptmanns durchfahren konnte. Nach einem kurzen Abstecher auf die Franz-Josefs-Höhe erreichte das Auto schließlich nach rund fünf Stunden Fahrzeit Heiligenblut. Die Rückfahrt konnte bedeutend rascher bewältigt werden, zumal diesmal die direkte Route gewählt wurde.
Auf Grund der noch notwendigen umfangreichen Bauarbeiten konnte die Großglockner Hochalpenstraße jedoch erst im darauffolgenden Sommer, am 3. August 1935, feierlich eröffnet werden.
Gerda Dohle, Salzburger Landesarchiv
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Archivale: Salzburger Landesarchiv: Nachlass Franz Wallack, Fotoalbum 1934/X
Literatur: Johannes Hörl / Dietmar Schöndorfer (Hrsg.), Die Großglockner Hochalpenstraße. Erbe und Auftrag (Schriftenreihe des Forschungsinstitutes für Politisch-Historische Studien der Dr.-Wilfried-Haslauer-Bibliothek, Salzburg; 53) (Schriftenreihe des Kärntner Landesarchivs; 45). Wien (u.a.) 2015. I Wolfgang Huber (Hrsg.), Franz Rehrl. Landeshauptmann von Salzburg 1922–1938. Salzburg 1975. I Großglockner Hochalpenstraße – imposante Alpenstrasse in Österreich (grossglockner.at)